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Gravimetrisches Referenznetzwerk für ein 10m Atominterferometer

Gravimetrisches Referenznetzwerk für ein 10m Atominterferometer

© M. Schilling
Schnitt durch das HITec Laborgebäude mit dem VLBAI und Profillinien der gravimetrischen Messungen.
Leitung:  Dr.-Ing. Manuel Schilling, Dr.-Ing. Ludger Timmen
E-Mail:  timmen@ife.uni-hannover.de
Team:  Dr.-Ing. Manuel Schilling, Dr.-Ing. Ludger Timmen
Jahr:  2017
Förderung:  IfE, SFB 1128, EXC-2123 "QuantumFrontiers"
Laufzeit:  2017-2025
Weitere Informationen https://www.hitec.uni-hannover.de/de/grossgeraete/atomfontaene/
© M. Schilling
Links: Gravimetrische Messung mit CG6-0171 (Hintergrund) und ZLS B-64 (Vordergrund) im VLBAI Labor. Rechts: Residuen aus Messung - Model mit Maximalwerten der Monte-Carlo Simulation (blau) und der Standardabweichung der Monte-Carlo Simulation (grün).

Motivation

Absolutgravimeter werden in Geodäsie, Geophysik und der Physik für ein breites Spektrum von Anwendungen eingesetzt. Gerade in der Geophysik ist ein stabiles Messniveau des Gravimeters auf Zeitskalen von einigen Tagen bis zu Jahrzehnten erforderlich. Um diese zeitliche Stabilität zu überwachen sind Vergleiche mit einer metrologischen Referenz notwendig. Da es jedoch keine Gravimeter mit einer übergeordneten Genauigkeit gibt, nehmen die Anwender dieser Instrumente an regelmäßig stattfindenden Gravimetervergleichen teil, die nach Massgabe des Komitees für Maße und Gewichte (CIPM) durchgeführt werden. Diese Vergleiche liefern die Referenzwerte von höchster Genauigkeit im Vergleich zur Kalibrierung gegen ein einzelnes Gravimeter, das in einem metrologischen Institut betrieben wird. Der Bau von stationären, großformatigen Atominterferometern ebnet nun den Weg zu einem neuen Messstandard in der Absolutgravimetrie. Es wird eine Stabilität von bis zu 1nm/s² bei 1s Integrationszeit erwartet.

Am Hannover Institute of Technology (HITec) wird ein solches Großgerät, das so genannte Very Long Baseline Atom Interferometer (VLBAI), mit einer 10m umfassenden Freifall Zone für Experimente gebaut. Für die Bestimmung des Fehlerhaushaltes und um die Übertragung des im VLBAI gemessenen Schwerewertes in andere Labore zu ermöglichen, ist die Kenntnis des lokalen Schwerefeldes auf der Basislinie und im Nahfeld des VLBAI erforderlich.

Methode und bisherige Ergebisse

Daher wurde ein Schwerenetz im HITec angelegt und während des Baus des VLBAI mehrfach relativgravimetrisch vermessen. Zusätzlich entwickelten wir ein 3D-Modell des Gebäudes, um den Schwerefeffekt der Massen zu bestimmen. Weiterhin wird der Einfluss von Massenänderungen aufgrund der Grundwasserhydrologie auf das Schwerefeld modelliert.

Der Gravitationseffekt des 3D-Modells des Gebäudes steht in sehr guter Übereinstimmung mit der neuesten gravimetrischen Messkampagne, die die Möglichkeit eröffnet, Gravitationswerte mit einer Unsicherheit unterhalb des Niveaus von 10 nm/s² zu übertragen. Der Plot der Residuen (Differenz aus Messungen und Model) zeigt auch das Ergebnis einer Monte-Carlo Simulation, in der die Dichte der Baumaterialien um 5% variiert worden ist. Der Plot zeigt die Maximalwerte dieser Simulationen und die Standardabweichung entlang der zentralen Achse des VLBAI.

Das Foto zeigt die gravimetrischen Messungen aus dem Jahr 2019. Das CG6-0171 ist hier innerhalb der Haltestruktur des VLBAI, einem Turm aus Aluminium, auf einer Plattform aufgestellt. Diese Plattform ist entlang der gesamten Höhe der Haltestruktur verschoben worden um in etwa 50cm Abstand Schweremessungen durchzuführen (siehe auch Gebäudequerschnitt). Die Messungen aus dem Jahr 2017wurden im Gegensatz dazu auf einem Baugerüst durchgeführt. Die deutlich geringere Stabilität dieses Gerüstes im Vergleich zu der 2019 genutzten Lösung, führt auch zu deutlich schlechteren Messergebnissen.

Auf einem parallelen Profil neben dem VLBAI wurden Messungen auf dem Boden und mit Stativen in weiteren Höhen durchgeführt. Dieses zweite Profil kann weiterhin mit Gravimetern vermessen werden, um z.B. Messungen des VLBAI zu bestätigen oder an anderen Orte zu übertragen.

Zukünftige Arbeiten

Zum Jahresende 2019 wurden Teile des eigentlichen Instrumentes, das Magnetschild und die Fallkammer, eingebaut. Das Modell des Gebäudes muss um diese Komponenten erweitert werden. Das Ergänzte Modell muss dann wieder durch gravimetrische Messungen geprüft werden.

Im weiteren Verlauf der Arbeit mit dem VLBAI werden weitere gravimetrische Messkampagnen notwendig sein.

Literatur

Schilling. M, Wodey, E., Timmen, L., Tell, D., Zipfel, K., Schlippert, D., Rasel, E., Müller, J. (2020): Gravity Field Modeling for the Hannover 10 m Atom Interferometer,  Journal of Geodesy 94:122, doi: 10.1007/s00190-020-01451-y